Jiu-Jitsu ist ein umfassendes aus Japan stammendes Selbstverteidigungssystem, das in früherer Zeit die üblichen Kampftechniken der Samurai ergänzte, wenn sie keine Waffe zur Hand hatten.
Jiu-Jitsu heißt „nachgiebige Kriegskunst”, bekannt auch unter dem Namen “Sanfte Kunst”. „Jiu” bedeutet Nachgeben oder Ausweichen, “Jitsu” heißt Kunst oder Kunstgriff. Zusammenfassend besagt dieses, dass man die Kraft des Gegners nutzt, um diesen zu überwältigen.
Im Jiu-Jitsu-Training werden Griffe und Techniken zur Selbstverteidigung wie Würfe, Hebel-, Würge-, Transport- und Festlegegriffe geübt. Außerdem werden Schlag- und Tritttechniken gegen vitale Punkte (Schwachstellen) des menschlichen Körpers gelehrt („Atemi -Techniken”). Was diese Kunst so besonders macht, ist die Tatsache, dass es keine fest vorgeschriebenen Techniken gibt. Jiu-Jitsu ist ein System und der Schüler wählt sich die Techniken aus, die ihm besonders liegen. Verschiedene Elemente aus unzähligen anderen Kampfkünsten, wie z.B. Judo, Karate, Aikido und Taekwondo stehen ihm zur Verfügung und werden im Training zu sinnvollen Verteidigungstechniken zusammengesetzt. Für die Prüfung zu einem neuen Gürtelgrad ist lediglich die Art und Anzahl der Techniken vorgegeben, es werden z. B. „5 Würfe” oder „8 Abwehren gegen Messerangriffe” verlangt, dann ist es dem Prüfling freigestellt, welche Würfe bzw. welche Arten von Abwehrkombinationen er in diesen Bereichen zeigt.
Trotz seiner ständigen Weiterentwicklung ist das moderne Jiu-Jitsu tief in der japanischen Tradition verwurzelt. Etikette, gegenseitige Achtung und die Werte des Do („Weg” – ethische und moralische Grundlagen nach Jigoro Kano) stellen unverzichtbare Bestandteile dar, die von einem ernsthaften Jiu-Jitsuka auch in das Privatleben übertragen werden. Das moderne Jiu-Jitsu beinhaltet neben dem konsequenten Erlernen der Technik auch die Charakterschulung und positive Persönlichkeitsentwicklung und fördert so auch das erforderliche Selbstbewusstsein für den Ernstfall. Aus dem klassischen japanischen Jiu-Jitsu entwickelten sich viele neue Kampfkunstsysteme und Kampfsportarten, wie z.B. Judo, Aikido und Karate.
Den Ursprung für die meisten Budo-Sportarten vermutet man in Verbindung mit der über 3000 Jahre alten indischen Massagekunst, in der schon über 100 schmerz- und lebensempfindliche Stellen am menschlichen Körper bekannt waren. Genaue Herkunft und historischer Ursprung des Jiu-Jitsu sind unbekannt. Verschiedene Thesen, die einander nicht ausschließen, werden dazu genannt.
Erwähnenswert ist dazu Folgendes: Jiu-Jitsu ist offenbar im Zuge des Kulturaustausches durch Mönche und Händler nach Japan gekommen. Belegtist aber auch, dass die Samurai waffenlose Kampfsysteme kannten, mit denen sie sich verteidigen konnten, wenn sie vom Pferd gefallen oder entwaffnet worden waren. Da das Sumo schon lange in Japan bekannt war, ist davon auszugehen, dass die Ringtechniken der Krieger in Rüstungen, die Kumiuchi genannt wurden, schon gewisse Griffe beinhalteten, die später im Jiu-Jitsu wieder auftauchten. Schon im 12. Jahrhundert hat es eine japanische Schule für den Handkampf gegeben, die von Shinra Saburo gegründet wurde. Inwieweit hier bereits chinesische Techniken Einfluss nahmen, ist nicht nachvollziehbar.
Der eigentliche Impuls ging vom Chinesen Chin-Gen-Pin aus, der 1659 nach Japan kam und dort drei Samurai in einer Art des chinesischen Boxens unterrichtete. Diese Samurai verbanden diese Techniken mit dem, was sie schon kannten, und nannten es „Jiu-Jitsu“, “die nachgiebige Kriegstechnik. Nachdem das Jiu-Jitsu einmal bekannt war, wurde es an vielen Schulen, die ihre speziellen Techniken jedoch geheimhielten, vermittelt. In Büchern und Schriftrollen waren die verschiedenen Techniken zwar beschrieben, diese Dokumente blieben aber innerhalb der Schulen und wurden immer nur dem jeweiligen Oberhaupt übergeben. Während der Tokugawa-Zeit gab es über 100 Schulen für Jiu-Jitsu. Aus diesem Umstand erklärt sich die Vielfalt des Jiu-Jitsu.
1903 kam Jiu-Jitsu nach Deutschland. Während eines Freundschaftsbesuches zweier japanischer Kreuzer in Kiel werden asiatische Nahkampftechniken vorgeführt. Kaiser Wilhelm II. gibt Anweisungen, für diese Techniken, die Jiu-Jitsu genannt werden, einen Lehrer zu engagieren. Ono, Higashi, Tani, Uynichi und Mayaki kommen nach Deutschland und lehren Jiu-Jitsu. Jiu-Jitsu hat eine weltweite Verbreitung gefunden. Das Weltzentrum für Jiu-Jitsu, die Nippon Seibukan Academy in Kyoto, Japan, wurde 1968 durch die UNESCO als B-Mitglied anerkannt.